Sonntag, 24. Juli 2016

{Biografie - Türkei - Politik} Erdowie, erdowo Erdogan

Hallo Leute!

Was ist bloß mit dieser Welt los? Eigentlich sollte man ja ganz zufrieden sein, dass zweieinhalb Generationen keinen Krieg mehr auf europäischem Boden erlebt haben - aber derzeit gibt es gleich zwei politische Figuren, bei denen man sich ernsthaft Sorgen machen muss, weil sie doch zu deutliche Parallelen zu den Geschehnissen vor 1933 zu erkennen sind.

Einer ist wohl eher weniger ernstzunehmen, der andere allerdings brand gefährlich, zumal er sein Gebären zumindest zum Teil auf unserem Kontinent, ja sogar in unsere Länder ausdehnt.


Erdogan
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Daten
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Autor: Cigdem Akyol
Verlag: Herder
ISBN: 3451328860
Preis: 24,90€
gebundene Ausgabe, 384 Seiten





Inhalt
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Erdogan ist wohl einer der umstrittendsten und polarisierendsten Politiker in der Türkei. Unter den Türken sagt es zwar kaum einer laut, aber entweder man mag ihn, oder man hasst ihn - einen Status dazwischen gibt es nicht.

Cigdem Akyol macht sich an das Wagnis einer Biografie, um anhand des Lebenslaufs des Politikers sein Handeln und sein Geltungsbedürfnis zu klären und vielleicht sein Handeln nicht unbedingt gutheißt, aber versucht, es nachvollziehbar erscheinen zu lassen.

Recep Tayyip Erdogan  wurde als Sohn eines Seemanns nicht gerade in die "herrschende" Klasse hineingeboren und musste sich mit einer erheblichen Konsequenz nach oben arbeiten. Später ging der tiefreligiöse Erdogan auf ein Fachgymnasium für Imame - ob er wirklich dann studiert hat, sei mal dahingestellt.

Dabei nimmt er im Vergleich zur gängigen Presse eine überraschend neutrale Position ein und versucht, beiden Seiten einen Raum zu geben, den kritischen und den folgenden einen gewissen Raum zu geben, ohne den Leser in seiner vielleicht schon vorgefertigten Meinung zu bestätigen.

Fazit
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Recep Tayyip Erdogan ist wohl eine der gefährlichsten Personen in der europäischen Politik. Auf der einen Seite liegt Europa ihm zu Füßen (Stichwort Flüchtlingsdeal), auf der anderen Seite gehen in Wien 4000 Leute auf die Straße, weil er die Anweisung dazu gibt und demolieren dabei ein kurdisches Restaurant. Und ganz offensichtlich ist er dabei, in der Türkei eine lupenreine Diktatur aufzubauen - eine mit Expansionsdrang.

Den Vergleich mit Atatürk finde ich gleich zu Anfang ein wenig gewagt, zumal Erdogan sehr viele der liberaleren Prinzipien (z.B. Trennung von Staat und Religion) wieder außer Kraft setzen und (auch wenn er etwas anderes sagt) fernab jedlicher Demokratischen Prinzipien agiert.

Ansonsten ist es eine (für Zeiten vor dem Putsch) eine recht ausgewogene Biografie, eigentlich sogar überraschend neutral lässt der Autor sowohl die Seite der Befürworter als auch die Seite der Gegner und Kritiker nicht aus. Die Worte sind weder zu harsch noch zu schwach. Natürlich hätte die Kritik an manchen Stellen etwas schärfer ausfallen können, aber schließlich ist dem Autoren auch sein Leben lieb - und was Erdogan mit Kritikern macht, haben wir ja jüngst erst gesehen. Wenig überraschend lebt Akyol übrigens nicht in der Türkei, sondern in Köln.

Natürlich ist das Lesen einer Erdogan-Biografie nicht das angenehmste, aber es lohnt sich durchaus, sich mal mit dem Werdegang der Person zu beschäftigen. Von mir gibt es sehr gute 4 Sterne - interessant geschrieben, durchaus ein bisschen kritisch, mehr braucht man bei einer Biografie nicht.

In diesem Sinne

Eure Anke

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