Sonntag, 20. Juli 2014

[Rezension] Mir bleibt auch keine Schmäh erspart...

Hallo Leute!

Nun ja, auch ich bin wie so viele als echter Piefke nach Österreich gegangen. Die Wiener richtig zu verstehen, fällt mir machmal immernoch ein kleines bisschen schwer - aber man gewöhnt sich eben an die manchmal etwas grantelnde Art.

Ein Buch, was einem den Einstieg in die Österreichische Gesellschaft erleichtern soll, stelle ich euch heute vor...


Fettnäpfchenführer Österreich
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Daten
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Autorin: Martina Meier
Verlag: Conbook
ISBN: 978-3-934918-76-4
Preis: 10,95€ (D) 11,30€ (A)


Inhalt
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Die rein hypothetische Familie Wolf, bestehend aus Mutter Irene, Vater Gerhard und Tochter Sophie (10) sind vor 5 Jahren in einen kleinen Ort in Vorarlberg gezogen. Doch dort lernen sie, obwohl die Österreicher die gleiche Sprache sprechen, obwohl wir quasi Nachbarn sind, gleich den größten Kulturschock ihres Lebens - es gibt keine Currywurst, die Leute sprechen hier komisch, nehmen es mit der Pünktlichkeit nicht ganz so genau und sind einfach viel geduldiger.

So wird in diesem Buch allerhand über persönliche Fettnäpfchen berichtet, in die man als klassischer Piefke in Österreich halt so treten kann. Sei es, dass man den Dialekt lernen will (ich spreche mit einem Wiener höchstens Österreichisch, aber nie Wienerisch), dass man die Sprache nicht kann (man verlange nie an der Kasse eine Tüte, in nicht touristisch geprägten Gebieten kommt sonst die Drogenfahndung) oder dass man nicht weiß, was damals in Cordoba war. Wenn man das alles einigermaßen beherzigt, gilt man irgendwann als angekommen.




Fazit
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Viele Erfahrungen, die die Wolfs gemacht haben, kann ich durchaus bestätigen, auch wenn ich am anderen Ende von Österreich lebe. Dennoch spielt das Buch natürlich sehr überspitzt mit Klischees. Nicht alle Wiener geben einen Schmäh alla "Küss die Hand" von sich. Das passiert höchstens in sehr gehobenen Boutiquen oder in Touristencafes (die wollen das so) - mir ist das in 2,5 Jahren ein einziges mal passiert. OK, bei manchen Stories muss man eben schmunzeln, aber ich finde, in Österreich sind Fettnäpfchen dazu da, um reinzutreten und weiterzulaufen...

Viele Fettnäpfchen können passieren, lassen sich aber mit viel Humor perfekt überspielen. Ich habe mal mit einer aus Tschechien stammenden Verkäuferin in der Gemüseabteilung nach grünen Bohnen gesucht. Sie wusste nicht so genau, was ich wollte, war aber trotzdem ganz tapfer. Schließlich stellte sich heraus, dass die (im allgemeinen Sprachgebrauch) Fissolen heißen. Ich muss allerdings sagen, ich genieße solche Erfahrungen. Sicher grantelt dann mal der eine oder andere Verkäufer - die Tschechin aus unserem Billa hat allerdings für das Gemüse inzwischen die deutschen Begriffe genauso drauf wie die österreichischen. Und ich ärgere mich immer über Leute, die sich beschweren, was es hier Nahrungstechnisch alles nicht gibt (McRib und Currywurst sind immer Thema auf Facebook). Das klingt für mich immer, als wäre man in ein Dritte Welt Land ausgewandert.

Wenn es um Fussball geht, kann man den Österreichern aber nichtmal mehr mit Humor kommen... Beispielsweise hatte ich das Glück in einer fussballerisch sehr gebildeten Familie aufzuwachsen (Papa war Samstags abends bei der Sportschau nicht ansprechbar), so wusste ich ungefähr, dass Deutschland mal wegen Österreich aus der WM geflogen ist (1978 in Argentinien übrigens). Das war mein großes Glück, in 2 von 10 Vorstellungsgesprächen (bei Männern als Gesprächspartner waren es 2 von 5) wurde ich gleich gefragt, was denn in Cordoba passiert ist. Nein, ich habe mich nicht als Fussballhistorikerin beworben, aber auf das Thema Cordoba trifft man hier eben wirklich IMMER. Neulich saß ein alter Mann neben mir im Bus, er hat sich fürchterlich bei mir drüber auslassen wollen, dass Deutschland die WM gewonnen hat, als er dann bei meiner Antwort ("Aber dafür hat doch die Conchita den Songcontest gewonnen") merkte dass ich Piefke bin, hat er mir erst gesagt "Ja, damals in Cordoba". Als ich dann sagte, dass 1978 5 Jahre VOR meiner Geburt war und ich bin jetzt eben auch schon 30, verließ er mit den Worten "Scheiß präpotenter Piefke" den Bus.

Sowas begegnet einem hier. Wenn man es aber entspannt nimmt und nicht selbst aus Scham den Bus verlässt, ist es eigentlich ganz nett hier. Und man braucht keinen Fettnäpfchenführer - zumal Wien ja auch nicht das gleiche ist wie Vorarlberg, Hamburg ist ja auch anders als Frankfurt oder München.

In diesem Sinne

Eure Anke

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