Montag, 15. Februar 2016

{Sachbuch - Geschichte - Nazizeit} Der Kriegsheld im KZ

Hallo Leute!

KZ-Geschichten haben Leute meiner Generation in der Schule gehört. Die meisten werden wohl auch mal ein KZ besichtigt haben, denn rund 40 Jahre nach dem Krieg (ich bin 1983 geboren) lief die Aufarbeitung bereits auf Hochtouren.

Lorenz Beckhardt begegnete das Thema auf eine etwas andere Art. Der 1961 geborene Journalist wurde katholisch erzogen, erfuhr als Erwachsener jedoch, dass er eigentlich das Kind von Juden ist, die ihm das Leben als Jude in Deutschland mehr oder minder ersparen wollten.

In diesem Buch erzählt er die Geschichte seiner Familie.


Der Jude mit dem Hakenkreuz
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Daten
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Autor: Lorenz S. Beckhardt
Verlag: atb
ISBN: 374663203X
Preis: 12,99€
Taschenbuch, 480 Seiten


Inhalt
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Akribisch arbeitet der Wiesbadener Journalist Lorenz Beckhardt seine Familiengeschichte auf und geht dabei rund 200 Jahre zurück. Seine Familie lebte mit rund 30 anderen Juden im kleinen Ort Sonneberg, der später an die Kurstadt angegliedert wird.

Sein Großvater Friedrich - genannt Fritz - ist sogar ein echter Kriegsheld. Bekannt wurde er, weil er auf seinen Kampfflieger sein persönliches Glückssymbol, das weiße Hakenkreuz pinselte. Er war einer von nur 1700 Personen, die im Ersten Weltkrieg mit dem goldenen Militär-Verdienstkreuz (höchste Auszeichnung für Nicht-Offiziere) ausgezeichnet wurden (2 davon waren Juden). Eigentlich hätte jeder Nationalsozialist ihn mit Präsentation der Waffe und allen Ehren grüßen müssen, wäre sein Name nicht von dieser Liste getilgt worden. Er kommt mit der gesamten Familie ins KZ, doch sein alter Fliegerkamerad - kein geringerer als Hermann Göring - macht die Flucht der gesamten Familie nach England möglich, so dass auch Beckhardts Vater Kurt überlebt. Doch viele der Verwandten haben den Holocaust nicht überlebt.

Nach dem Krieg kehrt die Familie zurück nach Sonneberg und wird Teil der teils erschütternden Wiedergutmachungsbürokratie. Die Nachbarn meiden sie und den wiedereröffneten Laden, warum weiß man nicht, vielleicht aus Scharm. Besonders Fritz ist geschockt über diese Behandlung von ihm als jüdischem Rückkehrer. Vielleicht gerade deshalb schickt Fritz Sohn Kurt den Enkel auf ein katholisches Internat. Denn erst im Erwachsenenalter erfährt Lorenz, dass er eigentlich Jude ist (da war ja das mit der Regel, dass man Jude ist, wenn man eine jüdische Mutter hat).

Und von dem Zeitpunkt an entscheidet sich Lorenz auch, diesen Glauben auszuleben was man auch an seiner Journalistischen Arbeit erkennen kann, denn viele Artikel handeln von jüdischen Themen.


Fazit
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Zwar hat man sich mit einer klassischen humanistischen Bildung (ich hatte Leistungskurs Geschichte) durchaus schon einmal mit dem Holocaust beschäftigt - wir hatten damals auch Gespräche mit Zeitzeugen. Auch das Bild mit dem lächelnden Soldaten im offenen Flugzeug mit dem Hakenkreuz an der Seite hatte ich durchaus schon gesehen. Dennoch war diese Geschichte für mich alles andere als gewöhnlich.

Sehr persönlich und sehr akribisch arbeitet Beckhardt die Geschichte seiner Familie auf - mit Fokus natürlich auf den Kriegshelden Fritz, der nur 30 Jahre nach seinen Luftkämpfen kein Kriegsheld mehr sein durfte - sein wollte. Schließlich hielt Hitler ja den Mythos aufrecht, dass die Juden an allem Schuld wären, so auch an der Niederlage im 1. Weltkrieg. Fritz und Lorenz lernten sich nie kennen, Fritz starb 1960 bei einem Schlaganfall.

Und was muss es für eine Familie bedeuten, den Sohn auf ein katholisches Internat zu schicken und ihm nicht zu sagen, dass die ganze Familie eigentlich jüdisch ist.

Die Geschichte ist für mich eine ganz andere wie die vielen anderen Zeitzeugenberichte.

Von mir gibt es klare 5 Sterne.

In diesem Sinne

Eure Anke

1 Kommentar:

  1. Vielen Dank. Eine Empfehlung, an der ich nicht vorbeigehen kann. Jedenfalls nicht lange ...

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